Die brennende Giraffe

"Die brennende Giraffe"
1936 - Öl auf Holz

35 x 27 cm (eines der kleinsten Werke Dalís)

Das Original befindet sich im Besitz der Emanuel-Hoffmann-Stiftung und ist in dem Baseler Kunstmuseum ausgestellt.

Die Darstellung des Himmels, der fast 80 Prozent des Bildes einnimmt, lässt vermuten, dass er in der Nachtzeit durch einen, nicht auf dem Bild befindlichen Mond beschienen wird.

Es erscheinen zwei überlebensgrosse, weibliche Figuren, die aus der Froschperspektive gesehen werden. Die hintere der beiden Figuren ist durch einem, durch nichts begründeten Schatten von einem direkten Lichteinfall ausgeschlossen und somit nur als beinahe schwarze Silhouette zu erkennen.

Die zweite Figur, die im Vordergrund steht, reflektiert ein rätselhaftes Licht, das augenscheinlich nur auf diese Figur fixiert ist. Die Quelle des Lichtes ist nicht genau zu definieren. Es besteht die Möglichkeit, dass es von einem, auf diese Figur gerichteten, Scheinwerfer kommt, es kann allerdings auch Mondlicht, oder eine Eigenfluorenszenz (Lichtausstrahlung eines Körpers) sein. Desweiteren fehlt ihr das Gesicht. Ihre Körperhaltung deutet an, dass sie sich, gleich einer schlafwandelnden Person, um Gleichgewicht bemüht. Ihre Arme sind weit von ihrem Körper abgespreizt, um eventuelle Hindernisse zu ertasten. Aus ihrem Brustkorb und ihrem linken Oberschenkel ragen Schubläden, deren Inhalt in der Dunkelheit verborgen bleibt. Diese Schubladen, die einen Hinweis auf das Unterbewusste bilden, befinden sich ganz offensichtlich ausserhalb des Kontrollbereich der schlafwandelnden Figur. Durch die Anordnung der Schubladen wird eine Störung im normalen Bewegungsablauf dieser Figur vermieden, was durch die angedeutete, nächste Bewegung des linken Beins verdeutlicht wird. Die obere, grössere Schublade beinhaltet das Herz dieser Kreatur, sofern sie ein Herz besitzt. Die beiden grossen, weiblichen Figuren werden von einer komplizierten Konstruktion vieler Krücken in ihren Positionen gehalten. Die Krücken gelten für Dalí als Metaphern seines Impotzenztraumas und seiner Kastrationsangst. Sie weisen auf die menschlichen Schwächen hin, da sie Halt geben und die Menschen stützen. Ohne Krücken währe die Menschheit verloren.

Im linken, hinteren Teil des Bildes befinden sich noch eine Giraffe, deren Mähne und Rücken in Flammen stehen und eine winzige Figur, die auch aus unerklärlichen Gründen leuchtet.Die Landschaft erinnert durch die Felskonturen an die Ebene der katalonischen Küste nahe dem Fischerdorf Port-Lligat. Durch dieses Bild versucht Salvador Dalí uns mitzuteilen, was er von den Menschen hält.Er stellt den Menschen als ein gesichtsloses, beschädigtes Wesen dar. Dieses irrt orientierungslos und schwindelnd durch die Nacht, wobei es von einem Leuchten erfüllt wird, welches es selber gar nicht wahrnehmen kann. Der Mensch kommt kaum von der Stelle.

Zu seiner inneren Balance tragen die offenen, dunklen, dem Menschen fast unzugänglichen Schubladen bei. Sie motivieren ihm in seinem Bewegungsablauf, geben ihm aber kaum Sicherheit in seinem Gleichgewicht. Dieser Gleichgewichtsmangel wird durch das Einbinden von Krücken kompensiert. Diese Krücken gleichen einer Konstruktion, die sich der Mensch selber geschaffen hat, um seinen Körper und seine Triebe zu bändigen.

Die brennende Giraffe im Hintergrund bildet zu der weiblichen Figur im Vordergrund einen eigenartigen Kontrast. Dieser Giraffe scheint das Feuer nichts anhaben zu können, woraus man schliessen kann, dass bei dem Tier die Natur noch völlig in Ordnung ist, wohingegen die Natur der Menschen stark abbaut und marode wirkt. Die Giraffe kann sich den Flammen hingeben, ohne an ihnen zugrunde zu gehen. Sie ist ein Teil der Natur, die ausser Tiere und Pflanzen auch Mineralien und die Elemente umfasst. Dieser Natur kommt eine Ewigkeit, eine Unvergänglichkeit zugute. Für dem Menschen ist allerdings nur der Zeitfaktor relevant. Er zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben eines jeden Menschen. Er ist dem Altern, der Vergänglichkeit unterworfen, was an dem Bildnis der Traumwandlerin, an ihren alten Händen und ihrem Bewegungsablauf nur zu gut erkennbar ist.

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